Thursday, November 19, 2009

Lang, lang ist's her

Hallo meine lieben Freunde! Normalerweise versuche ich meinen Blog relativ kurz zu halten. Da es aber so lange her ist das ich etwas geschrieben habe, diesmal etwas länger. Erste (gute) Nachricht: Ich lebe noch! Zweite Nachricht: Einen Blog aufrechtzuerhalten ist eine ziemlich aufwendige Sache. Besonders wenn man dabei meint - wie ich - es besonders perfekt machen zu müssen. Zum Text. Mir geht es nachwievor gut, ziemlich gut sogar. Auch wenn ich gelegentlich meine Depressionen habe. Die Arbeit bei UDAVI ist in den letzten Monaten schwieriger und zäher geworden. Dafür sind meine Tätigkeit spannender und lehrreicher.

Meine Arbeit bei UDAVI - Großprojekte

Nach meinem Urlaub in Ooty habe ich angekündigt, dass ich gerne ein (oder zwei) Großprojekte hätte auf die ich mich stürzen kann. Tatsächlich haben sich dann zwei (große) Aufgaben für mich aufgetan: Organisationsentwicklung und der Bau eines Sportplatzes in der ‚Displaced Community‘ Kannagi Nagar.

Bei der Organisationsentwicklung sollte es darum gehen UDAVI aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu analysieren, Probleme zu identifizieren und Vorschläge für eine Strategie für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu entwickeln. Da freut sich der Betriebswirt! Im Moment sieht es allerdings danach aus, dass dieses Projekt nicht umgesetzt wird, da es (aus meiner Sicht) an Unterstützung und Motivation von Seiten des Managements fehlt. So habe ich einen Projektplan vorgelegt, indem ganz klar beschreiben war, was zu tun ist und welche Ressourcen (Zeit, Mitarbeiter) dafür notwendig sind. Und das Ganze wurde vom Management abgesegnet. Jedoch nachdem vier Wochen daran gearbeitet habe, wird immer klarer, dass von Seiten UDAVIs eben doch nicht der letzte Wille da ist das Projekt umzusetzen (ich bekomme nicht die Zeit die ich brauche; Mitarbeiter die mir eigentlich zur Umsetzung zugeteilt wurden, sind anderweitig beschäftigt; es ist eine Art Protektionismus da, die Dinge offen zu analysieren).

Der Bau des Sportplatzes läuft soweit. Aber auch nur, weil ich dort inzwischen so etwas wie die Projektverantwortung übernommen habe und die Dinge in Zusammenarbeit mit einer anderen Freiwilligen und den ‚Field Staff‘ koordiniere.

Mein typischer Tag

DEN typischen Tag gibt es nachwievor nicht. Da meine beiden Tätigkeiten Projektarbeiten sind, ist jeder Tag anders. Dennoch hier der Versuch einen typischen Tag für beide Projekte zu konstruieren: Im Rahmen der Organisationsentwicklung (OD) habe ich die letzten Wochen viel Zeit mit Recherche und Erarbeitung einer Systematik verbracht. Mein Tag sah demnach ungefähr so aus: ich bin gegen 10 Uhr ins Büro (oder hab von zu Hause aus gearbeitet). Hab den Morgen damit verbracht die Organisationspolitik von UDAVI zu lesen (10:30 bis 13:00). Mittags (ab 14 Uhr) habe ich dann versucht die Organisationspolitik in einen Soll-Zustand der Organisation zu übersetzen. Zwischendurch hatte ich ein Meeting mit meinen OD-Teamkollegen zur Abstimmung. Alle zwei Wochen habe ich das Management von UDAVI über den aktuellen Stand informiert und weitere Schritte geplant.

Für den Bau des Sportplatzes könnte man folgenden Tagesablauf annehmen: Auch hier bin ich gegen 10 Uhr ins Büro (oder Home Office). Den Morgen (10:30 bis 13:00) habe ich damit verbracht Planungen zu machen (Update Projektplan, Aktionsplan Fundraising, etc.) oder an meiner Unternehmensdatenbank fürs Fundraising zu arbeiten. Nach dem Mittagessen ging es dann ins Field um sich mit zusammen mit der anderen Freiwilligen im Projekt und den ‚Field Staff‘ sowie den Projektkoordinatoren zu treffen; zu planen, die Abläufe abzustimmen und die Dinge umzusetzen. Alternativ bin ich zu irgendwelchen Ämtern gefahren um die für die Umsetzung des Projekts notwendigen Genehmigungen oder Hilfe zu bekommen. Um 18 Uhr war ich dann spätestens wieder zu Hause.

Interne Kommunikationsprobleme

UDAVI hatte (mindestens) zwischendurch das Problem, dass sie keine ausreichend qualifizierten Mitarbeiter als Projekt-Koordinatoren hatten. Das machte das Arbeiten besonders für diejenigen die direkt im ‚Field‘ tätig sind sehr schwer. Es kam immer wieder zu Kommunikationsproblemen (in der Art: jeder erzählt was anderes oder wir werden überhaupt nicht informiert, obwohl es sich um für uns relevante Informationen handelt, etc.) und einer gewissen Frustration, da die Dinge nicht so (oder gar nicht) umgesetzt wurden, wie sie geplant waren.

So funktioniert die Kommunikation mal besser, mal schlechter. Konstant klappt es momentan jedenfalls nicht. So wurden zum Beispiel am Anfang unserer Tätigkeit regelmäßige Meetings ausgemacht, die mit der Zeit nicht mehr stattfanden, nur um sie dann nach dem Auftreten von Kommunikationsproblemen doch wieder einzuberufen.

Auch die Strategie/ Rangehensweise ggü. den Volunteers ändert sich von Zeit zu Zeit (gefühlt: teilweise nach Lust und Laune): erst sollten wir uns langsam rein finden und in einer Art Abgleich von UDAVIs und unseren Interessen unsere passende Tätigkeit finden. Jetzt fordert UDAVI z.T. von uns (mehr) Projektverantwortung zu übernehmen. Was wir natürlich im Rahmen eines Freiwilligenprogramms zumindest als allgemeine Forderung ablehnen.
Fazit: Allgemein geht es uns sicher besser als bei anderen Organisationen, jedoch ist UDAVI sich auch immer noch im finden was das Verhalten ggü. Volunteers angeht.

Sunday, August 23, 2009

Traditionelles Indien versus Westernisierung (Video)





Für weitere Information siehe "2009 Mangalore pub attack".

Thursday, August 20, 2009

Großprojekt

Gut erholt, nach anderthalb Wochen traumhaften Urlaubs in den Western Ghats (siehe Bilder), ist jetzt für mich der Punkt, an dem ich richtig durchstarten will. Die ersten drei Monate habe ich Größenteils damit verbracht zu lernen. Außerdem habe ich mit dem Englischkurs versucht direkt etwas für die Leute zu tun. Alles schön und gut, Warm-Up-Phase ist beendet, jetzt will ich ein Großprojekt! ;-)

Saturday, August 8, 2009

Endlich Urlaub

Sechs Tage die Woche von morgens bis abends einen kompletten Monat lang: Unterricht, Vorlesung, Sport und wieder Unterricht – mit den Kids von Okkyiam Thoraipakkam und den Mädels von der St. Raphaels School. Dazu noch die Hitze und die ewige Hin- und Herfahrerei. Die letzte Zeit war arbeitsintensiv und stressig. Ich bin urlaubsreif. Und so werde ich die nächsten anderthalb Wochen in den Bergen bei Ooty verbringen. Raus aus der Stadt, weg von den vielen Leuten, dem Lärm und dem Stress. Eins mit der Natur - hoffentlich. Sollte es wer versuchen, über Handy und E-Mail bin ich nicht erreichbar;-)

Friday, August 7, 2009

Abschluss Englischunterricht

Es ist schön, wenn man etwas erfolgreich zu Ende gebracht hat. Noch schöner ist es, wenn man dafür auch noch so lieb geehrt wird, wie Anne und ich, von den Mädels und den Verantwortlichen der St. Raphaels School. So hatten sie eigens für uns ein richtig tolles Programm zusammengestellt, mit Tanz, Gesang und Theater. Und wir haben beide ein Geschenk bekommen. Toller Moment! Wir haben uns natürlich auch nicht lumpen lassen und hatten ebenfalls eine kleine Überraschung parat... O Aayiye Aayiye ...



Das Orginal gibt übrigens unter http://www.youtube.com/watch?v=opj0n4B7MxU. Mit verblüfender Ähnlichkeit wie ich finde.

Thursday, July 30, 2009

Typischer Tagesablauf

Da ich den letzten Monat hauptsächlich Englischunterricht durchgeführt habe, sieht ein typischer Tagesablauf ungefähr wie folgt aus: Morgens, ab 8:15 Uhr, besuche ich im Regelfall Vorlesungen in Sozialer Arbeit am Loyola College (um neben dem praktischen Teil auch theoretisch etwas Input zu bekommen). Nach dem Mittagessen gehe ich dann gegen 13 Uhr ins Office (oder mache Homeoffice – des Internets wegen) und bereite meinen Englischunterricht vor. Gegen 15:15 Uhr verlasse ich unseren Bezirk und fahr Richtung Santhome (in Meer nähe) wo ich in der St. Raphaels Mädchenschule von 16:30 bis 18:00 Uhr Englischunterricht gebe. Der Unterricht zielt darauf ab das gesprochene Englisch der Mädchen zu verbessern. Hauptsächlich mache ich das über Spiele (z.B. Rollenspiele), Präsentationen, Leseübungen und Dialoge. Wie ich den Unterricht gestalte ist weitgehend mir überlassen. Anne, ebenfalls IJGD-Freiwillige bei UDAVI, unterstützt mich bei der Durchführung des Unterrichts. Gegen 19:00/19:30 bin ich dann wieder daheim.

Wednesday, July 29, 2009

Essensfrust

Nachdem ich jetzt so lange flach gelegen bin, habe ich mir gedacht, könnte ich mir ja heute zur Stärkung so einen richtig schönen Eintopf machen. So einen Eintopf à la Oma mit Kartoffeln, Karotten, Sellerie, Lauch und Petersilie, der einen nach zu Hause erinnert und ganz automatisch alle Lebensgeister zurückkommen lässt. Voller Vorfreude bin ich also zu meinem Gemüsehändler gewaschelt und wollte die nötigen Zutaten dafür einkaufen. Aber denkste! Kartoffeln und Karotten gab es gerade noch, aber bei Sellerie und Lauch hat es schon aufgehört. Frustrierend! Und nach zwei anstregenden Tagen möchte man eben genau den Eintopf den man daheim immer bekommen hat (wenn man krank war und Oma für einen gekocht hat) und keine Abwandlung davon. Es gibt keinen Ausweg: Aber auch nichts was ich daheim gerne esse lässt sich hier kochen. Und der ewige Reis hängt mir wirklich zum Hals raus...

Sonnenstich

Ich hab ja schon öfter gedacht, dass ich einen Sonnenstich gehabt habe. Aber erst seit den letzten drei Tagen weiß ich wirklich was es bedeutet einen zu haben. Nach einem coolen Trip nach Kanchipuram - einer alten Königsstadt mit vielen ganz großartigen Tempeln - und den umliegenden Dörfern bin ich wohl bei der Rückfahrt ein bisschen zu lange in der Sonne gewesen. Nach 6 Stunden fahrt (spätestens seit 10 Uhr in der prallen Sonne) sind wir am Montag so gegen 12 Uhr in Chennai angegekommen. Ich hab es dann gerade noch geschafft kurz was zu Mittag zu essen (obwohl mir dann schon fast die Augen zugefallen sind). Und dann, seit Montag 14 Uhr bis heute morgen 10 Uhr, habe ich nur noch geschlafen. Kopfschmerzen ohne Ende, Übelkeit und Müdigkeit, Müdigkeit, Müdigleit. So langsam wird es besser, aber, ich glaub, ich brauch noch die ganze Woche bis ich wieder auf der Höhe bin...

Sunday, July 5, 2009

Die Zeit rennt

Ich bin jetzt seit genau 65 Tagen in Indien. Und ich frage mich: Wo ist nur die Zeit hin? Klar, auf der einen Seite weiß ich, dass ich schon längere Zeit hier sein muss: Es wirkt alles so vertraut. Da wäre zum einen die Arbeit bei Udavi: Man kennt sich inzwischen. So habe ich zum Chef und seiner Familie ein fast freundschaftliches Verhältnis. Und auch mit den anderen Mitarbeitern und Freiwilligen verstehe ich mich gut. Auch weiß ich halbwegs wie jeder tickt und hab mich auf die indische Arbeitsweise eingestellt. So, macht die Arbeit Spaß und es läuft!
Zum anderen habe ich mich in Chennai schon super eingelebt: Die Stadt ist zwar keine touristische Perle, dafür haben die Menschen hier so eine natürliche Herzlichkeit, die unheimlich viel Wärme ausstrahlt. Und ich hab inzwischen meine festen Bezugspunkte: Da wären z.B. der Straßenverkäufer zu dem ich fast jeden Abend hingehe um eine 0,33 Pepsi in der Glasflasche zu trinken, mein qualitativ guter Gemüse- und Obsthändler um die Ecke, mein Friseur Babu (der es schafft ohne mich zu verstehen und nur durch Handzeichenkommunikation mir genau die Frisur hinzuzaubern, die ich haben möchte und mich - ganz nebenbei - auch rasiert), mein Schwimmbad zu den ich ebenfalls fast jeden Abend hingehe und in dem ich von meinem Meist-geliebten-Bademeister mit einem herzlich Gruß empfangen werde, der kleine Junge und die anderen Jungs vom ‚Playground’ mit denen ich mich (zusammen mit Kennedy) öfters zum Basketball treffe und die Jungs aus der Nachbarschaft, mit denen ich das ein oder andere Mal ein bisschen rumtolle und die, so scheint es mir, nur um einen kurzen Blick in meine Wohnung zu erhaschen oder mit mir Kontakt zu haben, ständig sämtliche Arten von Bällen auf meinen Balkon feuern und dann mit einem neugierigen Blick zu meiner Tür herreinlunsen und mich mit einem verschmitzten ‚Ball, Ball’ dazu auffordern ihnen ihr Spielgerät zurückzugeben.
Dennoch, auf der anderen Seite kommt es mir vor, als wäre ich erst vor zwei Wochen angekommen. Die zwei Monate und ein paar Tage gingen so wahnsinnig schnell rum, dass ich schon fast garnicht mehr weiß, was ich alles gemacht habe. Trotzdem der Versuch einer kurzen Zusammenfassung: Der erste Monat war mehr oder weniger komplett Orientierungsseminar (nachdem die ganze Einführung vorbei war, sind wir noch mal jeder in die verschiedenen Projekte um uns alles genauer anzuschauen). Was sehr hilfreich war, da wir einen relativ guten Überblick über die Arbeit von UDAVI bekommen haben. Außerdem haben wir Ende Mai die zu Ende gehende Ferienzeit noch genutzt um ein kurzes, aber intensives Sport & Fun-Camp durchzuführen. Im Juli sind wir dann jeder in unser vorgesehenes Projekt. Und ich kann nur sagen super spannend! Mein Projekt ist ausgeschrieben unter ‚Disaster Relief and Rehabilitation Programme for the Victims of Tsunami’. Aber eigentlich geht es viel weiter als sich ‚nur’ mit den unmittelbaren Folgen des Tsunami zu beschäftigen. Vielmehr geht es inzwischen darum sich für die Rechte der Fischerleute (hauptsächlich Dalits) und Slumbewohner einzusetzen, die am Meer wohnen, und deren Existenz durch die verantwortungslose Politik der lokalen Regierung stark gefährdet ist. Die ganze Thematik ist relativ komplex und so ging meine meiste Zeit dafür drauf mich in den Sachverhalt einzuarbeiten (durch Lesen und Diskussion mit den Projektkoordinatoren). Außerdem war ich auf vielen Meetings, in denen es entweder darum ging die weitere Strategie gegenüber der Regierung festzulegen oder die Community für bestimmte Aktionen zu mobilisieren. Den Rest der Zeit habe ich entweder mit dem Schreiben von Berichten oder dem Erstellen des UDAVI-Blogs verbracht. Seit ersten Juli gebe ich an einer Schule, die hauptsächlich sozial benachteiligte Kinder unterrichtet, einen Crash-Kurs in gesprochenem English. Alles in allem rennt die Zeit nur so an mir vorbei. Ein gutes Zeichen!


Friday, June 26, 2009

Kurze Freude

Das war eine kurze Karriere... Erst machen sie mir gestern den Hof und erklären mir lang und breit, dass sie dringend eine Lehrkraft für Deutsch brauchen. Und dann kommen sie heute - auf einmal - und teilen mir mit, dass es doch nicht so wichtig ist und sie schon eine andere Lösung gefunden haben... "Ich könnte dann ja nächstes Semester einsteigen; und dieses Semester, statt zu unterrichten, bei Gelegenheit ein bisschen was über Deutschland erzählen." Na super! Aus der Traum mit der sofortigen Professorlaufbahn. Auch das ist Indien.

Thursday, June 25, 2009

Mario wird Professor

Ja meine lieben Freunde, von heute an dürft ihr mich Professor nennen und das an einer der besten Universitäten Indiens! Eigentlich wollte ich zum berühmeten Loyola College nur um die Erlaubnis zu bekommen ein paar Vorlesungen zum Thema "Social Work" zu besuchen. Doch wie es der Zufall so will, hat uns Kennedys 'Kumpel' gesteckt, dass es im "German Department" noch dringenden Bedarf für einen Deutschprofessor gibt. Nun ja, die Geschichte ist so ausgegangen, dass ich - natürlich;-) - kurzerhand zu erwähnter Fakultaet maschiert bin und die mich für das Semster eingestellt haben. Und so ist es: Professor Mario Seifried! Ich liebe dieses Land!

Sunday, May 10, 2009

Meine erste Woche in Chennai

Ich bin jetzt eine Woche hier. Und es kommt mir vor als wären es schon mehrere Wochen oder gar Monate. Ich fühl mich sogar schon ein Stück weit heimisch. Es ist erstaunlich wie schnell man sich an alles gewöhnt. Der Dreck, die Hitze, der Lärm, die Armut man vernimmt das alles zwar immer noch, doch irgendwie lernt man es zu tolerieren. Vielleicht liegt das auch daran, dass man eher noch Tourist ist und deshalb alles aus einer gewissen Distanz sieht.

Klar gibt es Probleme. Da wären zum Beispiel die ständigen Stromausfälle. So hatten wir (meine Mitbewohnerin und ‚Wife’ Cathy und ich) jetzt innerhalb von einer Woche dreimal keinen Strom, d.h. kein Licht (Oma sei dank, habe ich eine Taschenlampe dabei) und besonders prekär keinen Saft für den Ventilator. Was bei Temperaturen zwischen 35-40°C unter Tags und keiner Klimaanlage ziemlich an die Reserven geht. Eine Nacht war ganz schlimm: zuerst hatten wir kein Wasser mehr. Dann ging um 24 Uhr auf einmal der Ventilator aus. Es dauerte dann keine fünf Minuten, bis ich vor Schweiß triefend nass in meinem Bett lag. Da auch draußen kein Wind ging, kam zudem der ganze Gestank vom nahe liegenden Fluss – falls man bei diesem zähflüssigen Strom aus Industrieabfall, Haushaltsmüll und Fäkalien, der den Begriff Kloake redlich verdient hat, noch davon sprechen kann – in unser Zimmer. Dieser ganze Zustand dauerte über eine Stunde.

Doch das sind bis jetzt eigentlich Anekdoten am Rande. Das Orientierungsseminar (OS) von UDAVI lief bisher echt top. Am Anfang haben wir drei neuen Freiwilligen (Cathy, Anne und ich) erstmal eine Sightseeing-Tour gemacht. So bekamen wir gleich einen guten Überblick über Chennai. Fazit: Besser als gedacht! Es gibt tatsächlich ein paar nette Viertel mit einigen schönen Gebäuden und Gassen. Sehenswürdigkeiten wie die St. Thomas Church, der St. Thomas Mountain, der Marina Beach oder das Fort George sind einen Besuch wert. Außerdem waren die hinduistischen Tempel beeindruckend. Allerdings hält sich alles in überschaubaren Rahmen und mein positives Bild kann sich natürlich wieder ändern, wenn ich mal die anderen Städte gesehen hab.

St. Thomas Church









Ansonsten haben wir im Rahmen des OS alle Themen behandelt, die ich mir im Vorhinein gewünscht hab: Allgemeines zur indischen Kultur und Tradition, eine Einführung in die sozialen Problem Indiens (Stichwörter Überpopulation, Armut, soziale Diskriminierung etc.) sowie einen kurzen Rundumschlag zu Entwicklungspolitik, unserer Rolle als Freiwilligendienstler und sozialer Arbeit im indischen Kontext. Auch fand ich es gut, dass wir zusammen mit der Führungscrew von UDAVI noch mal ausführlich über unsere Erwartungen und Befürchtungen gesprochen und diskutiert haben. Dadurch konnten denke ich viele Missverständnisse von Anfang an vermieden werden. Insgesamt bin ich echt positiv überrascht wie gut UDAVI auf uns eingestellt ist und dementsprechend alles abläuft: die Atmosphäre ist gut, es wird sich um uns gekümmert und wir können offen alles ansprechen (und zwar ohne irgendwelche Irritationen befürchten zu müssen).

Memorial Marina Beach











Nächste Woche geht es dann raus die Projekte anschauen. Nach intensiven Ringen hab ich mich jetzt auch dazu durchgerungen Tamil, also die Sprache des hiesigen Bundesstaates Tamil Nadu, zu lernen. Kein Sprachtalent, bin ich bisher eigentlich davon ausgegangen es gar nicht erst zu versuchen, aber viele – gerade die ärmeren Inder – können einfach kein Englisch und ich denke um wirklich Kontakt zu den ‚normalen’ Indern zu bekommen und intensiver in die Kultur einzutauchen braucht es die Sprache als Schlüssel. Außerdem sind Grundkenntnisse in Tamil bestimmt auch für meine Projekte hilfreich.

Was sicherlich aus europäischer Sicht total interessant ist, ist wie wir hier wohnen. Also: UDAVI hat uns in einem für indische Verhältnisse vornehmeren Viertel untergebracht (Wohngegend für die indische Mittelschicht). Allerdings kann man sich das nicht wie bei uns vorstellen. ‚Vornehm’ heißt in erster Linie - soweit ich es bisher abschätzen kann - es gibt (bis auf wenige Ausnahmen) halbwegs sauberes, fließendes Wasser. Wir haben (ebenfalls bis auf wenige Ausnahmen) Strom. Die Sanitäranlagen funktionieren und - vor allem – wir haben Platz und es ist halbwegs sauber.

Die Wohnung ist ca. 40 qm groß. Dazu kommt eine geräumige Küche, zwei Bäder (eines mit einer ‚normalen’, europäischen Standards entsprechenden Toilette und einer Dusche und eines mit dem obligatorischen Plumpsklo), einem ca. 5 qm Balkon sowie einem großen Dach auf dem man sich wunderbar aufhalten kann (besonders, wenn man versteckt rauchen will). In der Nähe unserer Wohnung sind ein Park, ein Schwimmbad und ein Kricketfeld (auch wenn das nur so halb offiziell gilt und man die ganze Anlage auch als Sandwüste bezeichnen könnte). Dafür ist unsere Straße ein Schotterweg.

Und es liegt auch hier noch jede Menge Müll herum. Unser Wasser wird über einen Tank auf unserem Dach gewonnen d.h. jeden zweiten Tag muss man ins Untergeschoß um den Generator wieder anzumachen um damit den Tank wieder aufzufüllen (was im übrigen so nach ca. einer Stunde dazu führt, dass vom Dach oben ein ziemlicher Wasserstrahl direkt auf unsere Außentreppe runterkommt, da der Tank überläuft – dumm nur das wir genau diese Treppe nehmen müssen um den Generator wieder auszumachen). Von den Stromausfällen habe ich ja bereits berichtet. Und auch von der Kloake in der unmittelbaren Nachbarschaft. Aber was soll’s: So ist das Leben in Indien…

Monday, May 4, 2009

Erste Eindrücke

Ich bin angekommen und vollkommen sprachlos... innerhalb von Minuten schwankt man von ''''völlig fasziniert'''' zu ''''völlig entsetzt'''', um dann wieder einfach nur zu staunen über die berühmten (und tatsächlich existierenden) Kühe auf der Straße, die unglaublichen Menschenmassen - die selbst noch nachts die Straßen belagern - diese wahnsinnige Hitze, der Müll, der Gestank, aber dann auch wieder die bunten Häuser und grünen Palmen überall und natürlich die Armut. Man kann sich gar nicht vorstellen in welchen erbärmlichen Verhältnissen Menschen leben und leben können. Alles hier ist eine wirkliche Herausforderung für die Sinne.

Sonst geht es mir gut! Organisatorisch hat alles geklappt. Die anderen Freiwilligen sind nett. Wir bekommen genügend Zeit uns einzuleben. Die Wohnung ist okay…

Friday, April 24, 2009

Erwartungen: Der Vor-Abflug Artikel

Es ist Freitagmorgen, der 24. April 2009. Noch eine Woche bis zum Abflug. Und dann auf ins große Abenteuer!

Ein Jahr in einem vollkommen fremden Land, das so anders zu sein scheint, als unser westlicher Kulturkreis; Tag ein Tag aus Entwicklungspolitik an der Graswurzel, mit den Ärmsten der Armen zu tun haben. Und das sind nur die grundsätzlichen Herausforderungen. Was ist, wenn mir das Essen nicht schmeckt? Wenn ich vor Sonneneinstrahlung, Hitzewelle oder dampfigen Monsunklima in die Knie gehe? Meine Sinne vor Lärm und Gestank verrückt spielen und ich nur noch fliehen möchte? Was ist, wenn ich krank werde, womöglich Malaria bekomme oder eine andere dieser Subtropen- bzw. Tropenkrankheiten? Ich habe immer noch kein Stand-By-Medikament für Malaria. Und wenn es nach meinem Reiseführer geht (ich hab mir natürlich den Lonely Planet gekauft – ein Gesamtkunstwerk epischen Ausmaßes von sage und schreibe 1400 Seiten) müsste ich eine ganze Apotheke mitnehmen um nicht an Durchfall, Hitzeschock, Höhenfieber, Tollwut oder sonst irgendetwas zu Grunde zu gehen. Habe ich übrigens schon erwähnt, dass Chennai ein ziemliches Loch sein soll. Ich zitiere bereits genannten Reiseführer:

„Chennai hat weder das kosmopolitische Flair von Mumbai (Bombay) noch die optimistische Stimmung von Bengaluru (Bangalore) oder die historische Dramatik von Delhi. Die Stadt ist drückend, mit Umweltverschmutzung belastet, heiß wie die Hölle und man kommt schlecht in ihr herum. An traditionellen Sehenswürdigkeiten mangelt es. Und selbst die hiesigen Filmstars sind, wie es die Einwohner formulieren, ‚nicht so heiß’.“

Na ja, die Gurus von Lonely Planet können ja auch viel behaupten, denke ich mir.

Habe ich gerade Abenteuer gesagt? Komisch, trotz allem fühl ich mich nicht danach. Nervlich tiefenentspannt, harre ich der Dinge die da kommen. Ich bin absolut cool. Nicht, dass dies etwas Besonderes für mich wäre, ich bin ein ruhiger Typ, stets auf alles gefasst und dazu unerschütterlicher Optimist. Aber ich gehe ein Jahr nach Indien – hallo Ausnahmesituation!!! Ich kann mir meine Un-Spannung eigentlich nur auf zwei Weisen erklären: Entweder ich kann das Ganze einfach nicht realisieren – ist es einfach zu unglaublich um wahr zu sein? Oder, ich fühle mich einfach gut vorbereitet (ich kenne bereits meine Betreuerin vor Ort, die Vorbereitungsseminare liefen super)? Keine Ahnung! Aber ein bisschen unheimlich ist mir das schon…