Sunday, May 10, 2009

Meine erste Woche in Chennai

Ich bin jetzt eine Woche hier. Und es kommt mir vor als wären es schon mehrere Wochen oder gar Monate. Ich fühl mich sogar schon ein Stück weit heimisch. Es ist erstaunlich wie schnell man sich an alles gewöhnt. Der Dreck, die Hitze, der Lärm, die Armut man vernimmt das alles zwar immer noch, doch irgendwie lernt man es zu tolerieren. Vielleicht liegt das auch daran, dass man eher noch Tourist ist und deshalb alles aus einer gewissen Distanz sieht.

Klar gibt es Probleme. Da wären zum Beispiel die ständigen Stromausfälle. So hatten wir (meine Mitbewohnerin und ‚Wife’ Cathy und ich) jetzt innerhalb von einer Woche dreimal keinen Strom, d.h. kein Licht (Oma sei dank, habe ich eine Taschenlampe dabei) und besonders prekär keinen Saft für den Ventilator. Was bei Temperaturen zwischen 35-40°C unter Tags und keiner Klimaanlage ziemlich an die Reserven geht. Eine Nacht war ganz schlimm: zuerst hatten wir kein Wasser mehr. Dann ging um 24 Uhr auf einmal der Ventilator aus. Es dauerte dann keine fünf Minuten, bis ich vor Schweiß triefend nass in meinem Bett lag. Da auch draußen kein Wind ging, kam zudem der ganze Gestank vom nahe liegenden Fluss – falls man bei diesem zähflüssigen Strom aus Industrieabfall, Haushaltsmüll und Fäkalien, der den Begriff Kloake redlich verdient hat, noch davon sprechen kann – in unser Zimmer. Dieser ganze Zustand dauerte über eine Stunde.

Doch das sind bis jetzt eigentlich Anekdoten am Rande. Das Orientierungsseminar (OS) von UDAVI lief bisher echt top. Am Anfang haben wir drei neuen Freiwilligen (Cathy, Anne und ich) erstmal eine Sightseeing-Tour gemacht. So bekamen wir gleich einen guten Überblick über Chennai. Fazit: Besser als gedacht! Es gibt tatsächlich ein paar nette Viertel mit einigen schönen Gebäuden und Gassen. Sehenswürdigkeiten wie die St. Thomas Church, der St. Thomas Mountain, der Marina Beach oder das Fort George sind einen Besuch wert. Außerdem waren die hinduistischen Tempel beeindruckend. Allerdings hält sich alles in überschaubaren Rahmen und mein positives Bild kann sich natürlich wieder ändern, wenn ich mal die anderen Städte gesehen hab.

St. Thomas Church









Ansonsten haben wir im Rahmen des OS alle Themen behandelt, die ich mir im Vorhinein gewünscht hab: Allgemeines zur indischen Kultur und Tradition, eine Einführung in die sozialen Problem Indiens (Stichwörter Überpopulation, Armut, soziale Diskriminierung etc.) sowie einen kurzen Rundumschlag zu Entwicklungspolitik, unserer Rolle als Freiwilligendienstler und sozialer Arbeit im indischen Kontext. Auch fand ich es gut, dass wir zusammen mit der Führungscrew von UDAVI noch mal ausführlich über unsere Erwartungen und Befürchtungen gesprochen und diskutiert haben. Dadurch konnten denke ich viele Missverständnisse von Anfang an vermieden werden. Insgesamt bin ich echt positiv überrascht wie gut UDAVI auf uns eingestellt ist und dementsprechend alles abläuft: die Atmosphäre ist gut, es wird sich um uns gekümmert und wir können offen alles ansprechen (und zwar ohne irgendwelche Irritationen befürchten zu müssen).

Memorial Marina Beach











Nächste Woche geht es dann raus die Projekte anschauen. Nach intensiven Ringen hab ich mich jetzt auch dazu durchgerungen Tamil, also die Sprache des hiesigen Bundesstaates Tamil Nadu, zu lernen. Kein Sprachtalent, bin ich bisher eigentlich davon ausgegangen es gar nicht erst zu versuchen, aber viele – gerade die ärmeren Inder – können einfach kein Englisch und ich denke um wirklich Kontakt zu den ‚normalen’ Indern zu bekommen und intensiver in die Kultur einzutauchen braucht es die Sprache als Schlüssel. Außerdem sind Grundkenntnisse in Tamil bestimmt auch für meine Projekte hilfreich.

Was sicherlich aus europäischer Sicht total interessant ist, ist wie wir hier wohnen. Also: UDAVI hat uns in einem für indische Verhältnisse vornehmeren Viertel untergebracht (Wohngegend für die indische Mittelschicht). Allerdings kann man sich das nicht wie bei uns vorstellen. ‚Vornehm’ heißt in erster Linie - soweit ich es bisher abschätzen kann - es gibt (bis auf wenige Ausnahmen) halbwegs sauberes, fließendes Wasser. Wir haben (ebenfalls bis auf wenige Ausnahmen) Strom. Die Sanitäranlagen funktionieren und - vor allem – wir haben Platz und es ist halbwegs sauber.

Die Wohnung ist ca. 40 qm groß. Dazu kommt eine geräumige Küche, zwei Bäder (eines mit einer ‚normalen’, europäischen Standards entsprechenden Toilette und einer Dusche und eines mit dem obligatorischen Plumpsklo), einem ca. 5 qm Balkon sowie einem großen Dach auf dem man sich wunderbar aufhalten kann (besonders, wenn man versteckt rauchen will). In der Nähe unserer Wohnung sind ein Park, ein Schwimmbad und ein Kricketfeld (auch wenn das nur so halb offiziell gilt und man die ganze Anlage auch als Sandwüste bezeichnen könnte). Dafür ist unsere Straße ein Schotterweg.

Und es liegt auch hier noch jede Menge Müll herum. Unser Wasser wird über einen Tank auf unserem Dach gewonnen d.h. jeden zweiten Tag muss man ins Untergeschoß um den Generator wieder anzumachen um damit den Tank wieder aufzufüllen (was im übrigen so nach ca. einer Stunde dazu führt, dass vom Dach oben ein ziemlicher Wasserstrahl direkt auf unsere Außentreppe runterkommt, da der Tank überläuft – dumm nur das wir genau diese Treppe nehmen müssen um den Generator wieder auszumachen). Von den Stromausfällen habe ich ja bereits berichtet. Und auch von der Kloake in der unmittelbaren Nachbarschaft. Aber was soll’s: So ist das Leben in Indien…

Monday, May 4, 2009

Erste Eindrücke

Ich bin angekommen und vollkommen sprachlos... innerhalb von Minuten schwankt man von ''''völlig fasziniert'''' zu ''''völlig entsetzt'''', um dann wieder einfach nur zu staunen über die berühmten (und tatsächlich existierenden) Kühe auf der Straße, die unglaublichen Menschenmassen - die selbst noch nachts die Straßen belagern - diese wahnsinnige Hitze, der Müll, der Gestank, aber dann auch wieder die bunten Häuser und grünen Palmen überall und natürlich die Armut. Man kann sich gar nicht vorstellen in welchen erbärmlichen Verhältnissen Menschen leben und leben können. Alles hier ist eine wirkliche Herausforderung für die Sinne.

Sonst geht es mir gut! Organisatorisch hat alles geklappt. Die anderen Freiwilligen sind nett. Wir bekommen genügend Zeit uns einzuleben. Die Wohnung ist okay…